Text & Fotos: Oliver Stöhr  (04.09.2013)

 

Jedes Jahr im Spätsommer erreicht die Artenvielfalt der Heuschrecken ihren Höhenpunkt, was von aufmerksamen Naturfreunden sowohl visuell als auch akustisch wahrgenommen werden kann. Dabei kommt das Jahr 2013 aufgrund optimaler, warm-trockener Witterungsbedingungen im Sommer den kleinen Hüpferlingen sehr entgegen, sodass nun Anfang September vielerorts auch hohe Individuendichten ausgemacht werden können.

Besonders vielfältig und ergiebig sind in puncto Heuschrecken vorallem die mageren, südseitigen Bergwiesen in Osttirol, wie jüngst eine Exkursion der NAGO-Mitarbeiter Susanne Gewolf und Oliver Stöhr ins Defereggental zeigte. Die Tour führte von Troglach oberhalb von St. Jakob über die ausgedehnten Bergwiesen der Oberseite zur Frelitzalm und dort zur Seespitzhütte. Zwischen der Waldgrenze und der Hütte ist bis rd. 2400 m Seehöhe eine artenreiche Heuschreckenfauna anzutreffen, die folgende Arten umfasst:

Langfühlerschrecken: Kurzflügelige Beißschrecke (Metrioptera brachyptera), Alpen-Strauchschrecke (Pholidoptera aptera), Roesels Beißschrecke (Metrioptera roeselii), Zwitscher-Heupferd (Tettigonia cantans), Warzenbeißer (Decticus verrucivorus), Österreichische Alpenschrecke (Anonconotus italoaustriacus).

Kurzfühlerschrecken: Gewöhnliche Gebirgsschrecke (Podisma pedestris), Nordische Gebirgsschrecke (Bohemanella frigida), Kleine Goldschrecke (Euthystira brachyptera), Rote Keulenschrecke (Gomphocerippus rufus), Sibirische Keulenschrecke (Gomphocerus sibiricus), Bunter Grashüpfer (Omocestus viridulus), Großer Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus), Gebirgsgrashüpfer (Stauroderus scalaris), Brauner Grashüpfer (Chorthippus brunneus), Gemeiner Grashüpfer (Chorthippus parallelus).

Besondere Beachtung verdient dabei das große Vorkommen der Nordischen Gebirgsschrecke, einer sehr kältetolerante Art, die in den Alpen als höchststeigende Heuschrecke gilt. Zahlreiche Paarungen konnten bei dieser Art nun im Bereich der Seespitzhütte zwischen 2200 und 2400 m Seehöhe beobachtet werden. Aber auch die Bestände der Österreichischen Alpenschrecke sind bemerkenswert, handelt es sich doch um eine in Österreich subendemische Heuschreckenart mit wenigen Vorkommen im südlichen Salzburg (Lungau), in Osttirol und Oberkärnten.

Um die Heuschreckenvielfalt nun in ihrer ganzen Pracht hautnah erleben zu können, ist das obige Exkursionsziel sehr zu empfehlen, handelt es sich doch um eine leichte Wanderung, die zudem auch herrliche Ausblicke zum Hochgall und den umliegenden Gipfeln der Rieserferner Gruppe bzw. der Villgrater Berge bietet. Doch auch wer andere, ähnlich geartete Exkursionsziele zur Heuschreckenbeobachtung in Osttirol anpeilt, wird sicher nicht enttäuscht werden!


Weibchen der Österreichischen Alpenschrecke mit säbelartigem Legebohrer.


Paarung (Kopula) bei der Nordischen Gebirgsschrecke, das Männchen sitzt auf dem Weibchen.


"Popeye lässt grüßen": Männchen der Sibirischen Keulenschrecke mit den typischerweise verdickten vorderen Unterschenkeln, deren Funktion bis heute ungeklärt ist.