Text & Fotos: Eva Benedikt  (06.07.2014)

Vielleicht war es der ebenso seltene wie erhebende Anblick eines fliegenden bunten Tiers mit manchmal blauen Farbtönen, der einer Gruppe von Tagfaltern zu dem "ornithologischen" deutschen Namen Eisvogel verholfen hat?

Während der Kleine Eisvogel (Limenitis camilla) mit jahreweise unterschiedlicher Häufigkeit in Osttirol beobachtet werden kann – aktuell z.B. an den schattseitigen Waldrändern des Lienzer Talbodens vom Lavanter Forchach bis nach Amlach – so ist der Große Eisvogel (Limenitis populi) eine echte Rarität im Bezirk. Seltene Sichtungen gibt es aus den Drau-Auen in Nussdorf-Debant von 1981 (Helmut Niederwieser), aus dem Raum Sillian von 2003 und 2004 (Hermann Mair), ein Totfund wurde 2004 von der Pustertaler Höhenstraße bei Bannberg gemeldet (Gabriele Mair). Umso erfreulicher war es, als Helmut Deutsch und ich am 6. Juli in Oberlienz an der Isel bei einer gezielten Suche nach dem raren Schmetterling zuerst ein überfahrenes Exemplar fanden und wenig später auch ein relativ frisches Männchen beobachten und fotografisch dokumentieren konnten.


Ein seltener Tagfalter in Osttirol: Großer Eisvogel (Liminitis populi)

Der Große Eisvogel ist mit bis zu 75mm Flügelspannweite einer der größten Tagfalter Europas. Er kann auf den ersten Blick oder im Flug mit dem in Osttirol nicht so seltenen Großen Schillerfalter (Apatura iris) verwechseltwerden, der meist etwas später im Sommer unterwegs ist. Der Große Eisvogel lebt in lichten, feuchten Laub- oder Mischwäldern mit Beständen von Espe (Populus tremula) oder Schwarzpappel (Populus nigra), den Fraßflanzen der Raupe. Die Tiere halten sich meist für Menschen schwer beobachtbar in den Baumkronen auf und besuchen keine Blüten. Sie nehmen aber gerne Feuchtigkeit und Mineralien vom Boden auf und werden auch von Kot, Urin oder Aas angezogen – angeblich auch von intensiv riechendem Käse. So kann man die recht scheuen Tiere mit etwas Glück auch am Boden sitzend auf Waldwegen beobachten. Dieses Verhalten macht sie leider auch immer wieder zu Opfern des Verkehrs.

Das Weibchen legt die Eier einzeln auf den Blättern ab, die Raupen hinterlassen ein charakteristisches Fraßbild, wo die Mittelrippe des Blatts stehen gelassen wird. Zur Überwinterung spinnt sich die Raupe im Spätsommer kunstvoll ein schützendes Gehäuse aus einem zurechtgenagten Blatt, ein sogen. Hibernaculum. Im Frühjahr wird weiter gefressen, die Verpuppung erfolgt an den Zweigen.

Wo der Fichtenwald direkt ans Kulturland grenzt ist kein Lebensraum für diese schönen Schmetterlinge. Zum Schutz der so seltenen und gefährdeten Art ist es wichtig, auch der forstwirtschaftlich nicht so interessanten Espe einen Platz in den Wäldern zu lassen.


Der Große Eisvogel nimmt Flüssigkeit und Mineralstoffe vom Boden auf.