Text: Helmut Deutsch, Fotos: Thomas Haidenberger, Helmut Deutsch (27.4.2020)

Über mehrere Jahrzehnte ließ er auf sich warten: einer der elegantesten Tagfalter der österreichischen Schmetterlingsfauna machte sich in Osttirol rar und entzog sich bisher erfolgreich einer gesicherten Beobachtung – der Segelfalter, wissenschaftlich Iphiclides podalirius genannt. Als wärmeliebender Tagfalter, der kühle und gebirgige Gegenden eher meidet, war und ist er in den Bergen überall selten und auf xerotherme Habitate beschränkt, die Bestände von Schlehenbüschen oder Felsenbirnen aufweisen müssen. Um das reichliche Blütenangebot von Privatgärten zu nutzen, sucht er gelegentlich Wohngebiete auf, wo er hie und da beobachtet wird. In der Vergangenheit gab es immer wieder einmal eine Fundmeldung auch aus Osttirol. Die meisten davon waren nicht mehr überprüfbar, einige stellten sich als Verwechslungen mit dem viel häufigeren Schwalbenschwanz (Papilio machaon) heraus. Die alten, oft ungenauen, nicht mehr verifizierbaren Angaben stammten aus dem Stadtgebiet von Lienz (Alois Heinricher), aus Prägraten (Annemarie Bachler & Dieter Moritz) und Nörsach (Herbert Angerer). Leider wird man nie erfahren, ob die damaligen Beobachter vielleicht doch recht hatten. Trotz oftmaliger Suche an geeigneten Plätzen konnte der Segelfalter in den vergangenen Jahrzehnten vom Autor selbst nie nachgewiesen werden.

Segelfalter beim Blütenbesuch am Iselsberg am 24. April 2020 (fot. Thomas Haidenberger)

Am 17. April 2020 erhielt Oliver Stöhr (NAGO) eine Nachricht von Andreas Angermann über die Sichtung eines Segelfalters im Ortsgebiet von Debant aus relativ geringer Entfernung von 2 – 3 Metern. Es gab leider keine Möglichkeit, das Tier zu fotografieren, so rasch machte sich der Gartenbesucher wieder davon. Andreas beschäftigt sich im Rahmen seiner Tätigkeit im Nationalpark Hohe Tauern seit Jahren mit Schmetterlingen und die Meldung gilt als glaubhaft. Eine Woche später, am 24. April 2020 traf eine weitere Beobachtung bei der NAGO ein, diesmal vom Iselsberg in 1065 m Seehöhe: ein Segelfalter beim Blütenbesuch in einem Hausgarten, registriert und geistesgegenwärtig fotografiert von Thomas Haidenberger, der als Lehrer, Politiker und Naturbeobachter weitum bekannt ist. Der prächtige Schmetterling aus der Familie der Ritterfalter ist aus allen österreichischen Bundesländern nachgewiesen, nun auch aus dem Tiroler "Anhängsel" Osttirol.

Die frühe Erscheinungszeit im heurigen Jahr lässt erwarten, dass sich noch eine zweite Generation entwickelt, vielleicht gibt es dann im Juli/August weitere Beobachtungen. Die Raupen des Segelfalters ernähren sich hauptsächlich von Schlehen, sie wurden aber auch fallweise auf Felsenbirnen, Zwetschken, Pfirsichen und anderen Obstbäumen gefunden. Sie bilden zwei Generationen im Jahr aus, in kühleren Gegenden oft nur eine, die dann von Mai bis Juli anzutreffen ist. Den Winter überdauert der Segelfalter als Puppe.

Somit wurde nun der erste, durch ein Foto belegte Nachweis eines lang Gesuchten erbracht. Wir danken den beiden aufmerksamen Beobachtern für ihre Mitteilungen. Gleichzeitig bitten wir motivierte Naturbeobachter und Fotografen, die Augen offen zu halten und uns verlässliche Sichtungen des Segelfalters zu melden. Wir gehen davon aus, dass sich diese Art durch die fortschreitende Klimaerwärmung in Osttirol dauerhaft ansiedelt und ein fixer Teil unserer Schmetterlingsfauna wird. Ob es so sein wird, werden die kommenden Jahre zeigen. Dafür ist jede Meldung wichtig.

! Unterschiede zwischen dem Segelfalter und dem Schwalbenschwanz:

SEGELFALTER - Grundfarbe blass gelblichweiß, mit schwarzer Streifenzeichnung, Schwanzfortsätze länger als beim Schwalbenschwanz.

SCHWALBENSCHWANZ - Grundfarbe kräftiger gelb, mit schwarzer Fleckenzeichnung, Schwanzfortsätze kürzer als beim Segelfalter.