Text & Fotos: Helmut Deutsch (30.01.2016)

In solch milden und schneearmen Wintern wie dem heurigen scheinen sich Tiere und Pflanzen nicht so richtig für eine winterliche Ruhepause entscheiden zu können. Zaghafte Aktivitäten kann man heuer den ganzen Winter lang beobachten, besonders in den sonnseitigen, schneefreien Hanglagen. Wenn die schützende Schneedecke fehlt, sind Pflanzen und Insekten - sofern sie sich nicht völlig unter die Erde zurückgezogen haben - täglich enormen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Während in klaren Nächten meist Frost herrscht, kann der Boden um die Mittagszeit bei Sonneneinstrahlung durchaus auf über 20 °C aufheizen. Die Tagestemperaturen locken diverse Frühlingspflanzen aus dem Boden und bringen überwinternde Insekten dazu, aktiv zu werden und nach den ersten Blüten und Kräutern zu suchen. Dieses Verhalten ist besonders für Schmetterlinge und Bienen nicht ungefährlich, weil sie durch das Umherfliegen viel Energie verbrauchen und kaum Nektarblüten finden, wo sie wieder auftanken können. In "normalen" Wintern würden sie von November bis Februar erstarrt in ihren Überwinterungsquartieren verbleiben. Diese Winteraktivitäten sind ein Phänomen der letzten Jahre, wobei sich Schmetterlingsbeobachtungen im Dezember und Jänner vermehrt häufen. Es wäre aber überstürzt, gleich von den Folgen der globalen Erderwärmung zu sprechen, auszuschließen ist es allerdings auch nicht. Außergewöhnlich kalte oder warme, schneereiche oder schneearme Winter hat es wohl immer schon gegeben.

Beobachtungen von Schmetterlingen und Bienen im Winter 2015/16:

Postillion (Colias croceus), fliegend: Bannberg, 1260 m - 25.12.2015 (E. Benedikt & H. Deutsch)
Kleiner Fuchs (Aglais urticae), fliegend: Nußdorf, 750 m - 27.12.2015 (L. Kranebitter), 30.01.2016 (O. Stöhr); Bannberg, 1260 m - 07.12.2015 u. 30.01.2016 (H. Deutsch)
Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), fliegend: Lienz, Schloßberg, 700 m (M. Eder), 02.12.2015
Honigbiene (Apis sp.), mehrfach fliegend: Nußdorf, 750 m - 30.01.2016 (O. Stöhr)

Den aufmerksamen Beobachtern, die uns immer wieder Meldungen zukommen lassen, wird an dieser Stelle herzlich gedankt!

"Winterblüher" am 30.01.2016 im Garten Benedikt/Deutsch in Bannberg (1260 m):


Leben am Limit: am Tag Blühversuche, nachts Frostschäden - beides ist gut zu erkennen (Erdprimel, Primula vulgaris)


Jeder Tag ein Risiko, aber auch eine Chance - Echtes Lungenkraut (Pulmonaria officinalis)


Vorsichtig lugen die Blütenköpfchen aus dem Boden - ist etwa schon Frühling? Nein, ist ist erst der 30. Jänner! (Garten-Narzisse)