Text & Fotos: Oliver Stöhr  (30.08.2014)

Die Kleine Moosjungfer (Leucorrhinia dubia) ist eine kontrastreich gefärbte Großlibelle aus der Familie der Segellibellen. Sie ist eine eurosibirische Art und in Nord- und Mitteleuropa verbreitet. Aus Österreich liegen mit Ausnahme von Wien Nachweise aus allen Bundesländern vor. In Nordtirol ist die Art zerstreut verbreitet und von rd. 40 Fundorten bekannt. Eines der wichtigsten, individuenreichsten Vorkommen befindet sich hier im Bereich des Lutzenberger Hochmoores. In den Alpen kann die Art bei entsprechenden Lebensraumvorkommen bis auf über 2000m Seehöhe aufsteigen.


Das Männchen der Kleinen Moosjungfer ist aufgrund ihrer rot-schwarzen Farbgebung unverwechselbar. Ein typisches Merkmal für die Moosjungfern ist auch die weiße Stirnseite.


Das Weibchen der Kleinen Moosjungfer ist gelb-schwarz gefärbt.

Aus Osttirol ist nur ein Vorkommen der Kleinen Moosjungfer im Bereich der sog. "Jaggler-Lacke" im Kalser Lesachtal bekannt, das Anfang der 1970er Jahre von HR Prof. Alois Kofler entdeckt wurde. Dieses Vorkommen wurde zwar in den Jahren 1987 und 1988 erneut dokumentiert, seitdem fehlt aber eine rezente Wiederbestätigung. Die Jaggler-Lacke ist ein stark verlandeter Kleinsee auf rd. 1840m Seehöhe, der heute einen ausgedehnten, weitgehend nicht betretbaren Schwingrasen aus Torfmoosen aufweist. An den Rändern der Lacke finden sich noch kleinere offene Wasserflächen sowie ein Ufersaum aus Seggen und anderen Verlandungspionieren.

Die Kleine Moosjungfer ist ein Habitatspezialist und zeigt generell eine relativ enge Bindung an nährstoffarme, moorige Gewässer sowie Hoch- und Übergangsmoore. Für die Besiedlung relevant sind flächige, torfmoosreiche Verlandungszonen, aber auch vertikale Strukturen aus Wollgras, Seggen oder Binsen sind als Sitzwarten und als Schlupfhabitate von Nöten. Optimal sind Gewässer mit Torfmoosbeständen und noch freien Wasserflächen. Größere Bestände können sich jedoch nur an fischfreien Gewässern ausbilden, da die Larven aufgrund des bevorzugten Aufenthalts im freien Wasser gegenüber Fischprädation anfällig sind.

Die Eiablage findet meist auf Torfmoos-Flächen und nur selten über freier Wasserfläche statt. Die Larven schlüpfen nach nur 20-24 Tagen und benötigen dann rd. 3 Jahre bis zum Schlupf. Dieser setzt meist im Zeitraum Mai bis Juni ein. Die geflügelten Imagines werden dann nur rd. 3-4 Wochen alt, sodass sich die Flugperiode auf den Zeitraum Juni bis August beschränkt. An sonnigen Tagen beginnt die Aktivitätsphase der Imagines ab 9 Uhr und kann sich dann bis 19 Uhr erstrecken. Die Männchen starten von ihren Sitzwarten in Gewässernähe dabei immer wieder zu kurzen Rundflügen und lassen sich auch nicht selten an unbefestigten Wegen, an Holzstämmen oder Holzlatten nieder, wo sie Wärme und Sonne tanken.

Die Kleine Moosjungfer ist in Tirol "nahezu gefährdet", für ganz Österreich steht sie allerdings als "gefährdet" auf der Roten Liste. Die Hauptursache für die Gefährdung dieser Libelle liegt in der Vernichtung von Moortümpeln, zuweilen ist auch Fischbesatz ein negativ wirkender Faktor. Grund genug, um sie als Libelle des Jahres 2014 einmal vor den Vorhang zu holen und der Öffentlichkeit zu präsentieren.


Bislang einziger Fundort der Kleinen Moosjungfer in Osttirol: die im Nationalpark Hohe Tauern gelegene Jaggler-Lacke im Kalser Lesachtal.


Der von kleinen Schlenken durchsetze, sehr torfmoosreiche Schwingrasen der Jaggler Lacke bietet mit seinem seggenreichen Ufersaum der Kleinen Moosjungfer ein geeignetes Habitat.


Paarungsrad der Kleinen Moosjungfer; die Tiere lassen sich nicht selten auf Kieswegen zum "Wärmeauftanken" nieder.