Text & Fotos © Helmut Deutsch (15.9.2016)

In den vergangenen Jahrzehnten wurden immer wieder Beobachtungen des prächtigen Oleanderschwärmers (Daphnis nerii) aus Osttirol gemeldet. In den meisten Fällen wurden die großen, grünen oder braunen Raupen mit den zwei blauen „Scheinaugen“ auf dem 3. Segment und dem kurzen, gelben Hornfortsatz am hinteren Ende an Oleandersträuchern (Nerium oleander) beobachtet. Nachdem im Raum Lienz der Oleander als Zierstrauch sehr verbreitet ist, gab und gibt es von dort die meisten Nachweise. Bisher wurden die stattlichen Nachtfalter, bzw. deren Raupen in Osttirol aus folgenden Orten gemeldet (alphabetisch): Debant, 1982, 1985; Dölsach, 1997; Lienz, 1970, 1978, 1980, 1983, 1985, 1994, 1995, 1997, 2002, 2016; Matrei, 1985; Nußdorf, 2010; Tristach, 1994.

Die neuesten Meldungen kamen, fast zeitgleich, von zwei verschiedenen Stellen im Raum Lienz: Haidenhof (Stadtrand) und Lienzer Innenstadt, Anfang September 2016. Wir danken den aufmerksamen Beobachtern für die Mitteilungen.

Die ausgewachsene, ca. 10 lange, beeindruckende Raupe ernährt sich von den giftigen Blättern des Oleanderstrauches

Der Oleanderschwärmer ist wohl einer der prächtigsten Schwärmer Europas und gilt als begehrtes Sammelobjekt bei Liebhabern. Er gehört zu den „Wanderfaltern“, die sich im Frühsommer aus dem Mittelmeerraum auf die lange Flugreise in den Norden begeben. Die Route geht meist bis an den Südrand der Alpen, in manchen Fällen überwinden die flugstarken Nachtfalter sogar die Alpenbarriere und gelangen so vereinzelt bis in den Norden Europas.

Die Natur hat die Stromlinienform der "Hochleistungsflieger" schon lange vor uns erfunden...

Die Weibchen platzieren ihre Eier einzeln oder zu mehreren an geschützt stehenden Oleanderbüschen. Den Sommer über entwickeln sich daran die Raupen, die meist erst auffallen, wenn sie ihre volle Größe von etwa 10 cm erreicht und am Oleander „Spuren“ hinterlassen haben. Meist sind sie dann von einem Tag auf den anderen plötzlich verschwunden - sie haben sich auf den Weg zur Verpuppung gemacht. Dazu vergraben sie sich in der Erde. Das kann im Pflanzkübel sein oder auch an einer passenden Stelle im Garten in größerer Entfernung. Wenn der Herbst ausreichend mild ist, gelangen die Falter noch zur Entwicklung und schlüpfen im Oktober oder November aus. Unseren Winter überstehen sie jedoch nicht. Entweder die Puppen im Boden oder die ausgeschlüpften Schmetterlinge gehen mit den Frösten im Spätherbst zugrunde. Eine Rückwanderung in den Süden ist unwahrscheinlich und konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Der Oleanderschwärmer ist in Osttirol nicht bodenständig und gilt daher nicht als Vertreter der autochthonen heimischen Schmetterlingsfauna.

Portrait eines Oleanderschwärmers