Text: Helmut Deutsch, Fotos: Dr. Oliver Stöhr (07.05.2022)

 

   Trotz der guten Erforschung der Schmetterlinge in unserem Bezirk kommt es immer wieder zu Neufunden von Arten, die offensichtlich bisher den Forschern verborgen geblieben sind. Besonders bemerkenswert ist dies, wenn es sich bei der Neuentdeckung um einen Tagfalter handelt. So wurde am 19. März 1922 ein Exemplar des Malven-Dickkopffalters (Carcharodus alceae) bei Dölsach, auf dem „Römerweg“ zwischen Stribach und Göriach von Oliver Stöhr gesichtet und fotografiert - besten Dank für die Mitteilung und das Foto! Zwei Umstände ließen etwas verwundern: erstens, der Falter wurde bisher nie in Osttirol registriert und zweitens, die Flugzeit war um zwei Monate zu früh! Eine umgehende Nachsuche durch den Autor blieb ergebnislos, es muss vorerst bei desem Einzelstück bleiben. Es ist eine wärmeliebende Art, diesem Anspruch würde der Fundort – ein sonnseitig gelegener, wärmebegünstigter Trockenhang – sicherlich entgegen kommen. Aber die außergewöhnlich frühe Flugzeit?  Man weiß aus der Literatur, das der Malven-Dickkopffalter eine migrierende Art ist, also immer wieder Wanderverhalten beobachtet wurde. Außerdem wurde eben zu dieser Zeit, Mitte März, eine tagelange Südströmung mit Verfrachtungen von Saharastaub verzeichnet. Die Vermutung liegt also nahe, dass es bei dem beobachteten Tier um ein zugewandertes, nicht bodenständiges Exemplar gehandelt hat. Von zahlreichen anderen Schmetterlingsarten ist bekannt, dass sie nicht nur aktiv über hunderte Kilometer wandern, sondern gelegentlich durch starke Südströmungen auch passiv verdriftet werden können. Möglicherweise ist unser Exemplar vielleicht „gegen seinen Willen“ aus südeuropäischen Gefilden über die Berge zu uns gelangt.

Malven-Dickkopffalter (Carcharodus alceae).- Nachweis und Foto: Oliver Stöhr

Dieser seltene Dickkopffalter entwickelt sich – wie der Name schon sagt – an verschiedenen Malvengewächsen (Malvaceae) aber auch an Stockrose (Alcea rosea). Diese Pflanzen sind besonders in Siedlungsgebieten, manche auch in freier Natur als Wildpflanzen vorhanden, die Grundlagen für eine Reproduktion wären also vorhanden.

   Die Möglichkeit, dass sich die Art in Zukunft dauerhaft im Bezirk ansiedelt, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen und naturinteressierte Menschen sind gebeten, die Augen offen zu halten und nach dem Malven-Dickkopffalter besonders Ausschau zu halten. Wir sind gerne bereit, zugesandte Fotos oder Belegstücke zu bestimmen.