Text & Fotos: Helmut Deutsch (8.11.2016)

Der schwedische Naturforscher Carl von Linné beschrieb im Jahr 1758 die „De Geer-Langhornmotte“ (Nemophora degeerella). In der Folge wurden bis heute - mehr als 250 Jahre lang - alle europäischen Tiere dieser Art zugerechnet. Neueste genetische Untersuchungen durch Spezialisten aus Finnland und Tirol (Tiroler Landesmuseen) haben ergeben, dass sich innerhalb dieser Art noch zwei weitere, sehr ähnliche Spezies verbergen (kryptische Diversität). Eine davon (Nemophora deceptoriella) ist im Kaukasus-Gebiet verbreitet, die „Scopoli-Langhornmotte“ (Nemophora scopolii) kommt in Mitteleuropa, vor allem in den Alpen vor, unter anderem auch in Osttirol, nämlich bei Nörsach und Lavant, außerdem im Pustertal und Iseltal. Der verdiente Tiroler Arzt und Naturforscher Joannes Antonio Scopoli (1723 – 1788) gelangt nun durch diese Namensgebung zu späten Ehren. Die „echte“ N. degeerella ist punktweise im übrigen Europa verbreitet. Das Verbreitungsgebiet aller drei Arten ist allerdings noch ungenügend erforscht, in Zukunft können durch Überprüfung des umfangreichen Belegmaterials sicher noch weitere Lücken geschlossen werden. Leider lassen sich diese drei Arten nach äußeren Merkmalen kaum unterscheiden, sodass eine Bestimmung der Populationen äußerst aufwändig ist und den Spezialisten vorbehalten bleibt.

Scopoli´s Langhornmotte, Männchen am Typenfundort bei Nörsach, Osttirol

Die Langhornmotten tragen ihren Namen aufgrund ihrer enorm langen Fühler, die bei den Männchen das Fünffache der Körperlänge ausmachen können. Die der Weibchen sind etwas kürzer. Die Falter können an sonnigen Sommertagen in feuchten, schattigen Auwäldern gelegentlich bei ihrem auffallenden Balzflug beobachtet werden. Dabei bilden die Männchen Schwärme von mehreren Dutzend Tieren und „tanzen“ im Bereich der spärlichen Sonnenstrahlen in hüpfendem Flug auf und ab, wohl um den in der Vegetation sitzenden Weibchen ein imposantes Schauspiel zu bieten. Die vielen kleinen, glitzernden Falter mit ihren langen Fühlern geben im Wechsel von Licht und Schatten im Auwald ein bizarres Bild ab. Das Weibchen fliegt dann plötzlich in den Schwarm, wählt sich eines der Männchen aus und beide landen zusammen im Blattwerk der Büsche. Sie bevorzugen feuchte, schattige Auwälder in den Tallagen. Die Raupen ernähren sich von verrottenden Pflanzenteilen am Waldboden.

Scopoli´s Langhornmotte, Weibchen am Typenfundort bei Nörsach, Osttirol