Text: Eva Benedikt, Fotos: Helmut Deutsch & Eva Benedikt (04.04.2015)

Ordensbänder sind große, nachtaktive Eulenfalter mit meist farbigen Hinterflügeln. Da sie im Gegensatz zu vielen anderen Nachfaltern kaum von künstlichen Lichtquellen angezogen werden, bekommt man sie nur selten zu Gesicht. Sie setzen mit braun-gemusterten Vorderflügeln ganz auf Tarnung, wenn sie untertags an Baumstämmen ruhen. Bei direkter Bedrohung, zum Beispiel durch einen hungrigen Vogel, blitzt beim plötzlichen Wegfliegen die Farbe der Hinterflügel auf, die kurzzeitige Verwirrung des Angreifers kann dem Falter das Entkommen ermöglichen.

Der Schmetterling des Jahres 2015, das Roten Ordensband (Catocala nupta), ist in Mitteleuropa und auch in Osttirol der häufigste Vertreter dieser Familie und hat - wie der Name sagt - oberseits kräftig lachsrote Hinterflügel mit 2 breiten braunen Streifen und unscheinbar braune Vorderflügel mit rindenartigem Muster.


Das Rote Ordensband (Catocala nupta) ist Schmetterling des Jahres 2015

 

Raupennahrungspflanzen sind Pappeln (Populus) und Weiden (Salix), den trotz seiner beachtlichen Größe (Flügelspannweite bis 8 cm) sehr verborgen lebenden Falter findet man in Laub- und Mischwäldern in  Auen,  im Uferbereich von Teichen und Bächen und in feuchten Gräben. Das bekannte Verbreitungsgebiet in Osttirol umfasst das gesamte Drautal sowie das Iseltal aufwärts bis St. Johann i. W. Der höchste bekannte Fund stammt vom Lavanter Alpl in den Lienzer Dolomiten (1400 m).

Die konventionellen Methoden der Nachtfaltererhebung, wo die Tiere durch Leuchtanlagen angelockt werden, sind für den Nachweis von Ordensbändern wegen deren  geringer Lichtaffinität nicht hilfreich. Die Vorliebe dieser Schmetterlinge für Baumsäfte und vergorene Früchte haben sich aber schon die Schmetterlingsforscher früherer Zeiten zu Nutze gemacht: gezuckerte Gemische aus Rotwein, Malzbier und überreifen Früchten aller Art - jeder hat so sein Geheimrezept - werden in trockenen Spätsommernächten in der Abenddämmerung an Baumstämme gestrichen. Später in der Nacht kann man die Tiere eifrig leckend an diesen Köderstellen beobachten. Wo es wenig dicke Stämme gibt, werden Schnüre mit der Ködermasse getränkt und zwischen Büschen ausgespannt.


Nächtliche Stärkung an einer Köderschnur: Rotes Ordensband, Unterseite

Das Prinzip der Tarnung haben auch die Raupen der Ordensbänder perfektioniert: scheckig braun, in Ruhestellung ganz an den Zweig der Futterpflanze geschmiegt, sind sie nur bei genauer Suche und mit etwas Glück zu entdecken. Ein seitlicher Fransensaum unterstützt das optische Verschmelzen mit dem Holz. Es überwintert das Ei, die Raupen sind im Mai und Juni erwachsen. Die Falter fliegen dann von Mitte Juli bis Anfang Oktober.


Perfekt getarnte Ordensbandraupe (Catocala dilecta, Slowenien)

 

Weitere in Osttirol heimische Ordensbänder sind das Große Eichenkarmin (Catocala sponsa) und das Weidenkarmin (Catocala electa) - beide ebenfalls mit roten Hinterflügeln - sowie das Blaue Ordensband (Catocala fraxini), mit bis zu 10 cm Flügelspannweite eine höchst eindrucksvolle Erscheinung. Manche Ordensbänder zeigen ein Wanderverhalten, so konnte Helmut Deutsch vor Jahren bei der Dolomitenhütte ein Exemplar von Catocala nymphagoga, einer südlichen Art mit gelben Hinterflügeln, verzeichnen.

Das Rote Ordensband ist in Osttirol derzeit nicht gefährdet. Mit der Wahl zum Schmetterling des Jahres möchte man auf den europaweit in den letzten Jahrzehnten allmählich schwindenden Lebensraum dieser Tiere durch die Abholzung von Auwäldern und den Ersatz von Weiden und Pappeln durch forstwirtschaftlich interessantere Gehölze aufmerksam machen. Der Schmetterling des Jahres 2015 profitiert dementsprechend sehr von Renaturierungsmaßnahmen im Bereich von Flüssen und Bächen.