Text: Eva Benedikt & Oliver Stöhr; Fotos: Eva Benedikt, Annelies Innerkofler & Oliver Stöhr (8.6.2016)

Die NAGO trauert um Ing. Leo Kranebitter – Förster i. R., Jäger und vor allem hervorragender Kenner der Pflanzen- und Tierwelt Osttirols.

Aufgewachsen am Perloger Hof in Oberlienz hat sich Leo Kranebitter bereits von Kindesalter an für die Natur interessiert. Obwohl seine Wissbegierde an der Natur Osttirols breit gefächert war, lag das Hauptinteresse zweifellos in der Ornithologie. Leo erforschte die Vogelwelt am Oberlienzer Schwemmkegel, arbeitete bei der Erhebung der Brutvögel Osttirols mit und hat viele ornithologische Beobachtungen gemeldet. Zahlreiche Vogelstimmen kannte er aus dem „FF“ und konnte sie auch nachmachen. Unvergesslich sind uns die vogelkundlichen Vortragsabende, bei denen Leo als Zuhörer bei vielen Fotos gleich mit der Stimme des abgebildeten Vogels zur Stelle war. Als erfahrener Präparator kannte Leo auch das Gefieder vieler Vögel und konnte oft eine einzige Feder nicht nur der richtigen Art zuordnen, sondern auch genau sagen, wo sie hin gehört. Teile seiner privat geführten Tiersammlung befinden sich heute in den Naturwissenschaftlichen Sammlungen des Ferdinandeums in Innsbruck.

Aber auch mit der Pflanzenwelt Osttirols war Leo vertraut: So entdeckte er das bis dato einzige Vorkommen des Riesen-Schachtelhalmes bei Glanz, das auch in der Tirol-Flora von Polatschek dokumentiert wurde. Gerne erzählte er von „früher“, als es noch verbreitet um Lienz bunte Blumenwiesen gab und wo die Feldlerchen selbst im Talboden noch zu bestaunen waren. Wir erinnern uns noch an die im Jahr 2013 durchgeführte NAGO-Exkursion auf die Mussen mit ihren Paradies-Lilien und Gelben Enzianen, von der Leo noch Monate danach ins Schwärmen kam.

Auch wenn Leo Kranebitter vergleichsweise wenige Publikationen zur Natur Osttirols verfasst hat (siehe Liste unten), so hat er doch viel von seinem immensen Wissen bereitwillig im Rahmen von Exkursionen, Fortbildungen, Schulbesuchen etc. weitergegeben. Leo konnte diese Liebe zur Natur hervorragend an Jung und Alt vermitteln: Er hat sie selbst ausgestrahlt wie kein Zweiter, konnte er sich doch an der Schönheit der Natur erfreuen und daraus selbst Kraft beziehen. Auch die Schönheit im „Kleinen“ und „Wenig Geläufigen“ wie z.B. die Blüte des Küpfer-Hahnenfußes, des unscheinbaren Einblattes oder des fremdländischen Bermuda-Blauauges hat sich ihm erschlossen.

In seiner beruflichen Praxis als Förster hat Leo viel für die Natur und den Naturschutz in Osttirol bewirkt: So hat er etwa beim Wegebau darauf geachtet, dass bei den Bachquerungen größere Gruben für die Frösche zum Ablaichen ausgehoben werden. Wenn ihn ein Greifvogelhorst bekannt war, hat er die Waldarbeiten so geplant, dass sie außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden. Leo kannte die Zusammenhänge in der Natur und hatte stets ihre Gesamtheit und nicht nur die potenziell zu erzielenden Festmeter im Visier.

Sein plötzliches und unerwartetes Ableben hat uns sehr getroffen.
Als naturinteressierter, stets zuhörender, angenehm unaufdringlicher und vor allem gütiger Mensch wird uns Leo Kranebitter in Erinnerung bleiben. Lieber Leo, du hinterlässt eine große Lücke in der Fachszene Österreichs und in unseren Herzen!

 

Publikationen von Leo Kranebitter:

Bachler, A., Kranebitter, L. & Moritz, D. (2015): Die Reiherente Aythya fuligula im Jahr 2014 erstmalig Brutvogel in Osttirol – AVK-Nachrichten Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Vogelkunde und Vogelschutz 65/2015: 10-11.

Goller, F., Heinricher, A., Kranebitter, L. (1985): Zum Brut- und Durchzugsvorkommen des Flussuferläufers (Actitis hypoleucos) in Osttirol. – Vogelkundliche Berichte und Informationen aus Tirol 1985/1: 1-8.

Kranebitter, L. (1975-1981): Greife und Eulen in Osttirol. – Monticola 4: 147-148.

Kranebitter, L. (2002-2006): Alpensegler Apus melba schöpft Wasser. – Monticola 9: 269-270.

 

Leo Kranebitter war immer gern in der Natur unterwegs - auch abseits der Wege, wo man noch viel entdecken kann.

 

Im Rahmen von Exkursionen und Vorträgen gab Leo sein umfangreiches Wissen über die Natur Osttirols weiter.

Leo Kranebitter bei der für ihn letzten NAGO-Exkursion "Botanischer Spaziergang durch Lienz" im Mai 2016.

Entsprechend seiner Profession als Förster erklärte Leo gerne die heimischen Gehölzarten, wie hier eine Purpur-Weide im Lavanter Forchach.